Ruhe, Schlaf und Starre – Winterstrategien der Waldtiere

Ruhe, Schlaf und Starre – Winterstrategien der Waldtiere

Ein Skifahrer auf einer Loipe im verschneiten Wald.
Wintersport im Wald nimmt Rücksicht auf das Wild, wenn z. B. der Langläufer auf den Loipen bleibt und möglichst leise seine Bahnen zieht. Hunde sind gerade im Winter im Wald an der Leine zu führen.
©Dr. Horst Sproßmann

Nicht nur harte Winter setzen vielen Wildtieren zu. Auch rücksichtslose Waldbesuchende stellen eine Gefährdung dar.

Zugvögel haben es leicht: In den kalten Wintermonaten können sie in den sonnigen Süden ausweichen. Aber was machen die „Daheimgebliebenen“? Sie entwickeln einfache wie raffinierte Strategien, um bis zum nächsten Frühjahr zu überleben. Etwa durch das Sammeln von Futtervorräten im Herbst, die sie im Boden oder in Bäumen deponieren. Oder sie fressen sich wärmende Fettpolster an, sie ruhen im Winter, halten gar einen Winterschlaf oder überleben Dank einer Winterstarre. Durch Unwissenheit werden die Tiere beim Waldbesuch abseits fester Wege aufgeschreckt, an Fütterungen oder durch freilaufende Hunde gestört. Dabei können alle mit ein wenig Umsicht unseren Wildtieren durch den Winter helfen.

Wildtiere fühlen sich durch den Menschen immer bedroht

„Derzeit bereiten sich große und kleine Waldtiere darauf vor, die kommenden Kältemonate und die saisonale Nahrungsknappheit zu überstehen“, erläutert Jörn Ripken, ThüringenForst-Vorstand. Denn über die Wintermonate haben Wildtiere nur ein Ziel: Überleben. Als wäre das nicht schon Stress genug, sorgen Waldbesuchende und Wintersportaktive oft genug für zusätzliche Gefahr. Skilanglaufende etwa, die sich abseits regulärer Loipen bewegen, lösen eine Fluchtreaktion der Tiere aus, wodurch diese -unnötig- viel ihrer knappen Energieressourcen beanspruchen. Ripken empfiehlt deshalb Wintersportaktiven, die ausgewiesenen Loipen aus Tierschutz- und Sicherheitsgründen nicht zu verlassen. Auch sollten Waldbesuchende und Wintersportaktive Waldränder und schneefreie Flächen meiden: Dies sind die Lieblingsplätze der Wildtiere, wo sie Wärme tanken und ggf. etwas Heckenfrüchte und freigetaute Bodenflora aufnehmen können.

Winterruhe, Winterschlaf und Winterstarre – drei Strategien, ein Ziel

Rot- und Rehwild müssen im Winter Energie sparen, ihr Stoffwechsel läuft auf Sparflamme. Jede Störung führt zu Stress für die Tiere. Biber, Dachs und Waschbär halten dagegen Winterruhe, senken ihre Herzschlagfrequenz deutlich herab, lassen aber ihre Körpertemperatur unverändert. Vorteil: Die Tiere können während des Winters aufwachen, um Vorräte zu sammeln. Klassische Winterschläfer sind hingegen Igel, Haselmaus, Siebenschläfer oder manche Fledermäuse. Sie verharren vier bis sieben Monate in einem schlafähnlichen Zustand bei herabgesetzter Körpertemperatur, der selten unterbrochen wird. Frösche, Insekten und manche Schlangen verfallen schließlich in die Winterstarre. Herzschlag und Atemfrequenz werden durch die Außentemperaturen abgesenkt, der Körper bildet eine Art Frostschutzmittel gegen die tödliche Kälte. Steigen die Außentemperaturen im Frühjahr wieder an, werden die Tiere wieder rege.

Klimawandelfolgen verändern winterliche Überlebensstrategien im Wald

Als Folge des Klimawandels werden die Winter in unseren Regionen mutmaßlich milder und regenreicher, die „grüne“ Vegetationsperiode verlängert sich. Drohte bei längeren Kältewellen vielen Wildtieren bislang der Erfrierungstod, scheint diese Gefahr in den kommenden Jahrzehnten geringer zu werden. Ob und wie dieser Effekt die winterlichen Überlebensstrategien der Wildtiere beeinflusst, bleibt abzuwarten.

Übrigens: Einige bekannte Waldschädlinge, wie etwa der Buchdrucker, überwintern im Boden. Gab es, wie in diesem Jahr, einen milden Herbst mit späten Schwarm- und Reproduktionsaktivitäten, überwintert der Buchdrucker als Ei, Larve, Puppe oder Jungkäfer hilfsweise auch unter der Baumrinde. Diese „Baumüberwinterer“ sind den frostigen Temperaturen, wenn sie denn auftreten, stark ausgesetzt und werden folglich spürbar dezimiert. „Bodenüberwinterer“ sind da im Vorteil: Sie suchen tiefere und damit wärmere Bodenschichten auf.

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ThüringenForst Zentrale

Dr. Horst Sproßmann