Deutschstunde im Wald

Deutschstunde im Wald

Fichtenbaum mit aufgemaltem Fragezeichen
Wald, Bäume und Holz – Redewendungen verleihen Bodenständigkeit, aber auch Flügel.
©Daniela Haedicke-Tröger

Die Deutschen und ihr Wald: Erstaunlich viele Redewendungen, Sprichworte und Aphorismen ranken sich um Wald, Bäume und Holz. In Zukunft könnte das noch mehr werden

„Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus“ ist noch die geläufigste Redewendung mit Bezug zu Wald, zu Bäumen und zu Holz. Mit derartigen Redewendungen werden sprachliche Bilder produziert, die eine übertragene Bedeutung haben, wie etwa: So wie man andere behandelt, wird man selbst behandelt. Ähnlich die Redewendung „Vom Hölzchen zum Stöckchen kommen“. So werden abschweifende Redner bezeichnet, die verbal kaum ein Ende finden.

Obwohl vielfach aus dem Mittelalter herrührend, haben deutsche Dichter einige Redewendungen besonders populär gemacht: Martin Wieland etwa begeisterte die Aussage „Den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen“ und beschrieb damit gleich in mehreren seiner Werke den Unglücksraben, der naheliegende Lösungen nicht findet. Und Johann Wolfgang von Goethe wird das Zitat „Es ist dafür gesorgt, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen“ zugeordnet – heute eine geläufige Redewendung zur -spöttischen- Beschreibung der Endlichkeit manchen Tuns. Aber auch der Volksmund hat derartige Plattitüden begründet: „Pfeifen im Wald“ tut jener, den Angst und Sorge umtreiben, im dunklen Wald ebenso wie im dunklen Keller.

„Es herrscht Schweigen im Wald“ umschreibt ebenfalls die Gefahr, die unsere Altvorderen vor Hunderten von Jahren noch beim Waldgang umtrieb. Mittelalterliche Schauspieler, die keck die Obrigkeit kritisierten, verdeckten ihr Gesicht mit einem großen Pflanzenblatt oder Zweig, woraus sich die Floskel „Kein Blatt vor den Mund nehmen“ entwickelte. „Aber nicht nur für Redewendungen waren Wald, Bäume und Holz gut, auch für Zungenbrecher“, erläutert Volker Gebhardt, ThüringenForst-Vorstand. „Im dicken dichten Fichtendickicht nicken dichte Fichten tüchtig“ ist eine solche logopädische Übung. Und selbst Schlüpfrigkeiten wurden nicht ausgelassen: Das Wort „splitterfasernackt“ bezieht sich tatsächlich auf den Splint des Baumes, der sich unter der Rinde befindet: War Rinde und Splint vom Stamm entfernt, war der Baum „nackt“.

Die Begrifflichkeiten Wald, Bäume und Holz waren folglich in der jüngeren Kulturgeschichte des Menschen von so großer Bedeutung, dass sie ihren sprachlich nachhaltigen Niederschlag fanden. Das dies auch in Zukunft so sein wird ist wahrscheinlich. Im Klimawandel kommt Wald und Bäumen ein enormer Stellenwert als natürliche Kohlenstoffsenke zu. Berücksichtigt man den nahezu klimaneutralen Roh-, Bau- und Werkstoff Holz, scheint ein neues Holzzeitalter angebrochen zu sein. Gute Aussichten für weitere Deutschstunden im Wald.

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ThüringenForst Zentrale

Dr. Horst Sproßmann